Was treibt dich an?

Was treibt dich an?

Motivation funktioniert bei mir nicht auf die übliche positive Weise. Die Möhre, die ich mir selbst vor die Nase hänge, ist nicht etwa ein schönes neues Auto oder ein Haus am Meer. Klar wäre es schön. Auch eine Reise, inspirierend, horizonterweiternd und bereichernd löst in mir Sehnsucht aus und hat die Kraft, ein Ziel und Motivation zu sein. Ein Ziel, das ich mir in allen Facetten ausmalen, mit allen Sinnen vorstellen und sogar visualisieren und in Form von Bildern immer wieder vor Augen führen kann. Das ist ein klassisches sogenanntes hin- zu etwas – Ziel.

Motivation funktioniert nicht für alle gleich

Ich habe jedoch festgestellt, dass es immer etwas anderes ist, was eine immense Kraft und Motivation in mir auslöst und mich in Bewegung bringt: wenn ich etwas so richtig ungerecht finde.

Weg – von – etwas.

Ich möchte unbedingt helfen, wenn ich Berichte darüber sehe oder lese, was auf der Welt oder auch hier in unserem angeblich demokratischen und weit entwickeltem Land mit Frauen geschieht.

Allein die Tatsache, dass Frauenhäuser keine Kapazitäten haben und selbst in akuten Fällen nicht helfen… Betroffenen Frauen nur Hilfe bekommen, wenn diese zahlen können (ja wovon denn??!!) , finde ich unglaublich : hier ein Bericht von Frau TV

und hier ein Artikel über die Situation vom Frauenhaus in Leipzig 

Ich weiß aus meiner Kindheit und Jugend selbst sehr genau, wie Gewalt sich anfühlt und wie sie funktioniert und dass es Menschen brauch, die einen Blick dafür haben und helfen. Ich HABE einen Blick darauf. Und ich WILL helfen.

Nicht aus einer herzensguten Mutter-Theresa- Haltung und mit einem Heiligenschein und einem riesigen gutmütigen liebendem Herzen. Das liegt mir leider nicht.

Sondern mit ganz viel WUT.

Wut, in all ihrer Hässlichkeit und Zerstörungs-Gewalt wird uns nur allzu oft von den Schein-heiligen abgesprochen und ab – erzogen.

Jetzt werd doch nicht gleich wütend, ist doch nur Spaß. Wie kannst du nur so unbeherrscht sein.

Es kann natürlich erst mal erschreckend sein, andere oder sich selbst in Wut zu erleben.

Es kann reinigend und befreiend und vor allem klärend wirken.

Ich meine damit nicht diese rein gesteigerte Wut, die immer stärker wird und mit verbaler oder sogar körperlicher Gewalt zu tun hat, die emotionale Wut.

Sondern ich meine Wut als Gefühl. Als authentischen Ausdruck. Als Abgrenzung.

Für mich ist Wut eine heilige Kraft. Und in die richtigen Bahnen gelenkt und als transformierende wandelnde Kraft wunderschön.

Gesellschaftlich inakzeptable Motivation und Gefühle?

Hier mal ein persönliches Beispiel : Der Vater meiner Tochter hat mich in allen Hinsichten mit ihr allein gelassen – völlig auf mich gestellt war es ein täglicher Kampf, als freischaffende Musikerin überhaupt im Geschäft zu bleiben, eine feste Stelle konnte ich offenbar vergessen, da gab es Steine, Hindernisse und Ungerechtigkeiten. Das macht mich so wütend und motiviert mich, auch stellvertretend für alle anderen Frauen in vergleichbaren Situationen. Ich will schaffen, eines Tages mindestens genauso viel zu verdienen wie er mit seiner festen Stelle, mit den Dingen, die mich erfüllen und die ich liebe. Nicht weil ich neidisch auf sein Auto, seine Urlaube und seine Eigentums- Maisonette Wohnung bin. Sondern weil ich wütend über die Ungerechtigkeit bin, dass er nicht seinen Part getragen hat und ich mit allem bis jetzt, da UNSERE Tochter erwachsen ist, allein verantwortlich war und so viele Abstriche in Bezug auf meine Musik, meine Träume, meine Lebensweise und meine Zukunft machen musste, nur weil er KEINE Abstriche oder Zugeständnisse gemacht hat. Ich will meine Träume leben – und brauche dafür finanzielle Macht- auch um die Dinge unterstützen zu können, die mir am Herzen liegen, selbst  finanziell gestalten und entscheiden zu können.

Was mach ich dann damit? Wenn ich nicht so auf Luxus sondern eher Nachhaltigkeit und Upcycling und Einfachheit stehe? Wahnsinn und DIE Motivation schlechthin wäre es, wenn ICH dazu beitragen kann, dass Frauen entscheiden können, sich aus Abhängigkeiten zu befreien und zu stärken, in sich selbst zu investieren, an sich zu arbeiten, etwas zustande zu bringen. Ehrlich gesagt wäre es ein zusätzlicher Triumph, wenn der Vater meiner Tochter Gefühle wie Scham und Neid empfinden würde – weil ich es trotzdem und ganz allein geschafft habe und einfach großartiger bin als er. Ob das besonders würdevoll ist, mir so etwas insgeheim zu wünschen? Nein. Inzwischen ist es mir nicht mal peinlich, so zu empfinden. Ich habe mich sehr lange nicht besonders großartig oder wenigstens gleichwürdig gefühlt – und da hin zu wollen und ganz unreif und böse aber sehr gerechtfertigt und un-lieb seine Reue, seine Scham und seinen Neid zu wollen, ist auch eine Motivation.

Was stellt sich dir entgegen?

Tatsächlich bremst es mich manchmal sogar eher aus, wenn ich erst ein „liebes“ und s.m.a.r.t.es Ziel finden muss, bevor ich mir selbst erlaube, mit etwas zu beginnen. Natürlich brauche ich eine genaue Definition meines Zieles, wenn es um die Umsetzung geht. Brauche ich klare Vorstellungen von dem, was ich erreichen möchte, ein klares und motivierendes Bild vor Augen.

Hinderlich sind dahingehend auch Aussagen anderer Menschen, die ihre oder die weiter verbreitete Art, zu sein, als Maßstab dafür nehmen, mit welchen Urteilen oder Erwartungen sie mich konfrontieren :

„Du hast noch nicht das richtige Mindset“

oder „Du willst es offenbar nicht richtig“ (??!?)

Oder „Das kann man doch nicht machen!“ (Doch! Und wer ist eigentlich dieser man?)

Oder „Du musst dich auf eine Sache, eine Positionierung, eine Tätigkeit konzentrieren, du kannst nicht Mutter UND Künstlerin UND Musikerin UND Yogalehrerin sein.“ (Doch!)

Was mich letztlich ausbremst, was sich mir entgegenstellt : wenn ich meiner eigenen Wahrnehmung, meinen eigenen Wünschen, meinem eigenen Sehnen und dem, was ich WIRKLICH will, nicht so sehr vertraue, dass ich die Zweifel gewinnen lasse. Die Zweifel dürfen da sein, die Angst und die Wut. Und mit all dem kann ich sein und los gehen.

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